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Zwischen Improvisation und Text. Schriftanthropologische Erwägungen eines Jazzamateurs und Mediävisten zur Musikhistorie

Zwischen Improvisation und Text. Schriftanthropologische Erwägungen eines Jazzamateurs und... Forum Zwischen Improvisation und Text. Schriftanthropologische Erwägungen eines Jazzamateurs und Mediävisten zur Musikhistorie von Ludolf Kuchenbuch Es waren spekulative Diskussionen mit Musikwissenschaftlern über die Rolle der Notation für die Musik und ihre Historie, diemichzudenfolgendenErwägungenherausgeforderthaben.1AlsAußenseiterdarf ich einen Spagat wagen, den gestandene MusikologInnen sich wohl kaum leisten dürften.DieLeserInnensolltendiefolgendenZeilendeshalbwieeineEinschmuggelungnurbedingtlizenzfähigerMaterialien insFachterrainbegreifen,einVersuchaus musikanthropologischemInteresse.2 IchbinseitdenspätenfünfzigerJahren als Jazzsaxophonist aktiv und, als Selbstlerner mit eher rudimentären Notenlese- undNotenschreibfähigkeiten,ganzerpicht aufsdirekteSpielenindiversenStilen.Ich binaberzugleicheinHistorikerdermittelalterlichenSozial-undWirtschaftswelt,der sichindenvergangenenzweiJahrzehnten in die Formen- und Funktionsvielfalt der alteuropäischenSchriftkultureingearbeitet unddabeifestgestellthat,einwiemarginalesDaseindasvonderMusikwissenschaft erarbeitete Wissen von der spekulativen Musica sowie den kirchlichen, höfischen undstädtischenSang-undKlanggeschehnisseninmeinemFachheutenochimmer fristet. Bei meinen Interventionen in Musikologenkreisengingesstetsumeinendurchaus schmerzhaften Widerspruch. Da war zum einen die unbestreitbare Hegemonie auralisierender und oralisierender Spielpraktiken, die ich als Improvisator, vom Jazz ausgehend, in allen vergleichbaren kulturellen und historischen Situationen bestätigt wissen wollte ­ als ein Ideologe desOralitätsprimatssozusagen.Demstand die ebenso unbestreitbare Präzision der Re- und Präskriptionen gegenüber, ohne die situationsenthobenes, verlässliches und erfolgreiches Zusammenspiel kaum möglich schien. Immer ging es um die gewaltige Differenz zwischen schriftlichvisueller und mündlich-situativer Klangplanung und -gestaltung. Immer standen dabei,,dieNoten"imKreuzverhör;immer ging es um dieAbwägung zwischen ihrer Leistungskraft und ihrerAusdrucksarmut. UndimmerkamenhistorischeFragennach der Genesis der spezifisch europäischen Musik im Wechselspiel mit der parallel entwickeltenNotenschrift,derenglobalem Erfolg und schließlich auch Krise in der Spätmoderne auf. Und stets war ich nicht davon abzubringen, dass http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png Historische Anthropologie de Gruyter

Zwischen Improvisation und Text. Schriftanthropologische Erwägungen eines Jazzamateurs und Mediävisten zur Musikhistorie

Historische Anthropologie , Volume 18 (1) – Jan 1, 2010

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Publisher
de Gruyter
Copyright
Copyright © 2010 by the
ISSN
0942-8704
eISSN
2194-4032
DOI
10.7788/ha.2010.18.1.120
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Abstract

Forum Zwischen Improvisation und Text. Schriftanthropologische Erwägungen eines Jazzamateurs und Mediävisten zur Musikhistorie von Ludolf Kuchenbuch Es waren spekulative Diskussionen mit Musikwissenschaftlern über die Rolle der Notation für die Musik und ihre Historie, diemichzudenfolgendenErwägungenherausgeforderthaben.1AlsAußenseiterdarf ich einen Spagat wagen, den gestandene MusikologInnen sich wohl kaum leisten dürften.DieLeserInnensolltendiefolgendenZeilendeshalbwieeineEinschmuggelungnurbedingtlizenzfähigerMaterialien insFachterrainbegreifen,einVersuchaus musikanthropologischemInteresse.2 IchbinseitdenspätenfünfzigerJahren als Jazzsaxophonist aktiv und, als Selbstlerner mit eher rudimentären Notenlese- undNotenschreibfähigkeiten,ganzerpicht aufsdirekteSpielenindiversenStilen.Ich binaberzugleicheinHistorikerdermittelalterlichenSozial-undWirtschaftswelt,der sichindenvergangenenzweiJahrzehnten in die Formen- und Funktionsvielfalt der alteuropäischenSchriftkultureingearbeitet unddabeifestgestellthat,einwiemarginalesDaseindasvonderMusikwissenschaft erarbeitete Wissen von der spekulativen Musica sowie den kirchlichen, höfischen undstädtischenSang-undKlanggeschehnisseninmeinemFachheutenochimmer fristet. Bei meinen Interventionen in Musikologenkreisengingesstetsumeinendurchaus schmerzhaften Widerspruch. Da war zum einen die unbestreitbare Hegemonie auralisierender und oralisierender Spielpraktiken, die ich als Improvisator, vom Jazz ausgehend, in allen vergleichbaren kulturellen und historischen Situationen bestätigt wissen wollte ­ als ein Ideologe desOralitätsprimatssozusagen.Demstand die ebenso unbestreitbare Präzision der Re- und Präskriptionen gegenüber, ohne die situationsenthobenes, verlässliches und erfolgreiches Zusammenspiel kaum möglich schien. Immer ging es um die gewaltige Differenz zwischen schriftlichvisueller und mündlich-situativer Klangplanung und -gestaltung. Immer standen dabei,,dieNoten"imKreuzverhör;immer ging es um dieAbwägung zwischen ihrer Leistungskraft und ihrerAusdrucksarmut. UndimmerkamenhistorischeFragennach der Genesis der spezifisch europäischen Musik im Wechselspiel mit der parallel entwickeltenNotenschrift,derenglobalem Erfolg und schließlich auch Krise in der Spätmoderne auf. Und stets war ich nicht davon abzubringen, dass

Journal

Historische Anthropologiede Gruyter

Published: Jan 1, 2010

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