Wolfgang Burgdorf, Protokonstitutionalismus. Die Reichsverfassung in den Wahlkapitulationen der römisch-deutschen Könige und Kaiser 1519–1792. (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 94.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2015
Wolfgang Burgdorf, Protokonstitutionalismus. Die Reichsverfassung in den Wahlkapitulationen der...
Schorn-Schütte, Luise
2018-04-06 00:00:00
„Proto“-Formen faszinieren die Historiker offensichtlich, bekannt ist diese Begriffsbildung u. a. aus den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts, als es um die „Protoindustrialisierung“ ging. Auch Wolfgang Burgdorf geht es mit dem Titel seines Buches darum zu zeigen, wie stark die Verfassungsgeschichte des Alten Reichs in die europäische Ordnung eingebunden war, die sich im Laufe des 18. Jahrhunderts in natürlich unterschiedlichen Formen und Geschwindigkeiten auf den Konstitutionalismus des 19. Jahrhunderts zubewegte. Es trifft zu, dass gesetzlich normierte Verfassungsordnungen für ganz Europa nicht vom Himmel fielen, sondern vielmehr in langen Traditionen standen. Die Konzentration der Untersuchung auf die Wahlkapitulationen, die einen reichen Überlieferungsbestand bieten, ist eine auch methodisch interessante Vorgehensweise. Denn Burgdorf kann damit einen institutionalisierten „roten Faden“ zugrunde legen, über den die Entwicklungen vom 16. bis ins ausgehende 18. Jahrhundert zusammengebunden waren. Immer ist es ein reichsrechtliches Verfahren, das in einen Verfassungstext mündet. Wandlungen unterschiedlichster Art ‒ sprachlich-semantische, rechtliche, diplomatiegeschichtliche, geographische, soziale, politische, theologiepolitische, chronologisch bedingte ‒ lassen sich in diesem Textkorpus identifizieren. Die Zeitgenossen selbst haben diese „Kontinuität im Wandel“ anerkannt und beschrieben, sie stiftete Legitimität. Fast scheint ein konstruktionsfreier Blick des Historikers realistisch.In präzisen Schritten analysiert Burgdorf seinen Gegenstand, indem er den Forschungsstand zugrunde legt, die Überlieferungslage skizziert,
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Wolfgang Burgdorf, Protokonstitutionalismus. Die Reichsverfassung in den Wahlkapitulationen der römisch-deutschen Könige und Kaiser 1519–1792. (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 94.) Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2015
„Proto“-Formen faszinieren die Historiker offensichtlich, bekannt ist diese Begriffsbildung u. a. aus den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts, als es um die „Protoindustrialisierung“ ging. Auch Wolfgang Burgdorf geht es mit dem Titel seines Buches darum zu zeigen, wie stark die Verfassungsgeschichte des Alten Reichs in die europäische Ordnung eingebunden war, die sich im Laufe des 18. Jahrhunderts in natürlich unterschiedlichen Formen und Geschwindigkeiten auf den Konstitutionalismus des 19. Jahrhunderts zubewegte. Es trifft zu, dass gesetzlich normierte Verfassungsordnungen für ganz Europa nicht vom Himmel fielen, sondern vielmehr in langen Traditionen standen. Die Konzentration der Untersuchung auf die Wahlkapitulationen, die einen reichen Überlieferungsbestand bieten, ist eine auch methodisch interessante Vorgehensweise. Denn Burgdorf kann damit einen institutionalisierten „roten Faden“ zugrunde legen, über den die Entwicklungen vom 16. bis ins ausgehende 18. Jahrhundert zusammengebunden waren. Immer ist es ein reichsrechtliches Verfahren, das in einen Verfassungstext mündet. Wandlungen unterschiedlichster Art ‒ sprachlich-semantische, rechtliche, diplomatiegeschichtliche, geographische, soziale, politische, theologiepolitische, chronologisch bedingte ‒ lassen sich in diesem Textkorpus identifizieren. Die Zeitgenossen selbst haben diese „Kontinuität im Wandel“ anerkannt und beschrieben, sie stiftete Legitimität. Fast scheint ein konstruktionsfreier Blick des Historikers realistisch.In präzisen Schritten analysiert Burgdorf seinen Gegenstand, indem er den Forschungsstand zugrunde legt, die Überlieferungslage skizziert,
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