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Wanderarbeiter als Helden

Wanderarbeiter als Helden Wanderarbeiter als Helden1 Zwischen kolonialer Entfremdung und lokaler Selbstvergewisserung von Ute Luig Die erste Begegnung mit einem alten Minenarbeiter, der bei über 30° C Hitze einen schweren Militärmantel, Gummistiefel und einen gelben Schutzhelm trug, löste in mir eine merkwürdige Irritation aus: Überraschung und Neugierde wechselten mit Befremden und Ratlosigkeit ob der seltsamen Erscheinung ab. Der Mann schien aus einer fernen Welt entsprungen, die Bilder von kolonialer Gewalt, Ausbeutung und Elend in mir aufsteigen ließ. Als ich 1993 bei meinem zweiten Feldforschungsaufenthalt im Gwembe-Tal (Zambia) begann, mich genauer mit den Erfahrungen von Wanderarbeitern im südlichen Afrika zu beschäftigen, kehrten diese früheren Ambivalenzen wieder zurück. Obwohl die Lebensgeschichten dieser Männer im Alter von 50-70 Jahren Teil eines Prozesses von kultureller Dominanz und Unterwerfung zu sein schienen, beschrieben die meisten meiner Interview-Partner eher nostalgisch die guten Zeiten, die sie in den Minen oder Städten Zimbabwes in den Jahren vor und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg verbracht hatten. Statt über koloniale Gewalt und individuelles Leid berichteten sie im Ton von Abenteuererzählungen, wie ich sie aus den Schilderungen der Kriegserlebnisse meines Vaters her kannte, vom angenehmen Leben in Zimbabwe, das sie mit ihren gegenwärtigen Entbehrungen im Dorf kontrastierten. Einer meiner Studentinnen, die sich http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png Historische Anthropologie de Gruyter

Wanderarbeiter als Helden

Historische Anthropologie , Volume 4 (3) – Dec 1, 1996

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Publisher
de Gruyter
Copyright
Copyright © 1996 by the
ISSN
0942-8704
eISSN
2194-4032
DOI
10.7788/ha.1996.4.3.359
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Abstract

Wanderarbeiter als Helden1 Zwischen kolonialer Entfremdung und lokaler Selbstvergewisserung von Ute Luig Die erste Begegnung mit einem alten Minenarbeiter, der bei über 30° C Hitze einen schweren Militärmantel, Gummistiefel und einen gelben Schutzhelm trug, löste in mir eine merkwürdige Irritation aus: Überraschung und Neugierde wechselten mit Befremden und Ratlosigkeit ob der seltsamen Erscheinung ab. Der Mann schien aus einer fernen Welt entsprungen, die Bilder von kolonialer Gewalt, Ausbeutung und Elend in mir aufsteigen ließ. Als ich 1993 bei meinem zweiten Feldforschungsaufenthalt im Gwembe-Tal (Zambia) begann, mich genauer mit den Erfahrungen von Wanderarbeitern im südlichen Afrika zu beschäftigen, kehrten diese früheren Ambivalenzen wieder zurück. Obwohl die Lebensgeschichten dieser Männer im Alter von 50-70 Jahren Teil eines Prozesses von kultureller Dominanz und Unterwerfung zu sein schienen, beschrieben die meisten meiner Interview-Partner eher nostalgisch die guten Zeiten, die sie in den Minen oder Städten Zimbabwes in den Jahren vor und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg verbracht hatten. Statt über koloniale Gewalt und individuelles Leid berichteten sie im Ton von Abenteuererzählungen, wie ich sie aus den Schilderungen der Kriegserlebnisse meines Vaters her kannte, vom angenehmen Leben in Zimbabwe, das sie mit ihren gegenwärtigen Entbehrungen im Dorf kontrastierten. Einer meiner Studentinnen, die sich

Journal

Historische Anthropologiede Gruyter

Published: Dec 1, 1996

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