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Prof. Dr. Ursula Schulze, geboren am 16. Juni 1936 in Berlin, war ihr ganzes akademisches Leben mit der Freien Universität und dem Institut für Deutsche Philologie verbunden. Bei Helmut de Boor absolvierte sie ihr Studium, promovierte mit einer Arbeit zum Thema ‘Studien zur Orthographie und Lautung der Dentalspiranten s und z im späten 13. und frühen 14. Jahrhundert’ und habilitierte über ‘Lateinisch-deutsche Parallelurkunden des 13. Jahrhunderts’. Anschließend wirkte sie als Professorin für Ältere deutsche Literatur und Sprache, trieb das Profil ihrer Abteilung voran und engagierte sich in der Förderung des Nachwuchses. Trotz dieses ganz auf Berlin bezogenen Werdegangs hat sich Ursula Schulze durch ihre zahlreichen wissenschaftlichen Kontakte ein bundesweites Netzwerk aufbauen können. Mehrfach sind daraus intensive Freundschaften entstanden, insbesondere zu Hans Fromm, Ulrich Müller, Horst Brunner, Ingrid Bennewitz. Mit ihrem Berliner Kollegen Volker Mertens verband sie darüber hinaus die gemeinsame Liebe zur Musik. Sehr persönlich war auch das Verhältnis zu ihren Mitarbeiterinnen und Studierenden, mit denen sie auf Exkursion ging und die sie zu sich nach Hause einlud, um beim selbst zubereiteten Essen über mittelhochdeutsche Texte zu diskutieren. Als Literaturwissenschaftlerin war Ursula Schulze – im besten Sinne des Wortes – eine präzise Philologin und Generalistin. Auf der Basis ihrer methodischen Flexibilität und ihres breiten Kenntnisreichtums hat sie sich stets neue Gegenstände erschlossen und zu den kanonischen Themen wichtige Beiträge beigesteuert. Hervorzuheben sind hier besonders ihre zahlreichen Publikationen zum Nibelungenlied, aber auch bis heute wirkmächtige Aufsätze zur Lyrik Walthers von der Vogelweide und Neidharts. Die Artusforschung verdankt ihr je einen zentralen Beitrag zu Hartmanns Erec und zu Gottfrieds Tristan. Während der Erec-Aufsatz erstmals das Problem der Doppelrolle Enites als Ehefrau und Geliebte in den Blick nimmt und damit einen relevanten Schlüssel für die Werkdeutung liefert, widmen sich die Ausführungen zum Tristan dem rhetorischen Programm, das Gottfried in seinem Literaturexkurs entwirft. Beide Aufsätze sind kanonisch geworden. Mit großem Engagement widmete Ursula Schulze sich in den letzten Jahren dem Geistlichen Spiel, ein Forschungsbereich, in dem sie als praktizierende Christin Beruf und Berufung verbinden konnte. Für die frühere Ausrichtung des Faches nicht ungewöhnlich, kam Ursula Schulze allerdings von der historischen Sprachwissenschaft her, wo sich auch die Qualifikationsschriften zu Orthographie und Lautung bzw. zur Syntax ansiedeln. Diese Kompetenz war Voraussetzung für ihr großes Lebenswerk, das dreibändige Wörterbuch der mittelhochdeutschen Urkundensprache, gefördert von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Das Interessensspektrum von Ursula Schulze ging zudem weit über den engeren akademischen Rahmen hinaus: Sie gab Märchenbücher und themenbezogene Anthologien für ein breites Publikum heraus, brachte ihre Liebe zum Musiktheater in einschlägigen Sammelbänden zum Ausdruck und schuf damit eine Brücke zwischen Universität und interessierten Laien. Am 22. März 2020 ist Ursula Schulze nach langer Krankheit im Alter von 83 Jahren verstorben. Sie folgte ihrem Mann, nach dessen Tod wenige Jahre zuvor sie sich in dieser Welt nicht mehr gut zurechtgefunden hat. Das Fach wird ihre wîsheit sehr vermissen.
Journal of the International Arthurian Society – de Gruyter
Published: Sep 1, 2022
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