Get 20M+ Full-Text Papers For Less Than $1.50/day. Start a 14-Day Trial for You or Your Team.

Learn More →

„Revolution“. Zur Karriere eines Begriffs in Großbritannien, 1688–1714

„Revolution“. Zur Karriere eines Begriffs in Großbritannien, 1688–1714 ZusammenfassungIm England der Jahre nach der Glorious Revolution war der Revolutionsbegriff nicht nur enorm präsent. Die Behauptung, der Begriff sei dort marginal gewesen und sei erst durch die Rezeption französischer Texte in die Diskussion eingebracht worden, dürfte kaum haltbar sein. Ganz offenkundig war der Begriff unmittelbar nach 1688 ein wesentlicher Bestandteil der innerenglischen politischen Debatten. Genauso wenig haltbar sind aber auch Versuche, den Revolutionsbegriff nach 1688 auf eine bestimmte Bedeutung festzulegen. Vielmehr zeichnet sich die Semantik des Begriffs in den Jahren nach der Revolution durch ein hohes Maß an Uneindeutigkeit und Heterogenität aus, durch ein Nebeneinander verschiedener Semantiken, ja durch einen regelrechten Kampf um die Füllung eines von unterschiedlichen Parteien anerkannten und in positiver Weise genutzten Begriffs. Weder gingen damit zyklische oder restaurative Konnotationen einfach verloren, noch lässt sich „Revolution“ im England des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts eindeutig auf die Konnotation von Widerstand oder Umsturz von unten festlegen. Dementsprechend wäre es zu einfach, eine geradlinige Entwicklung zum modernen Revolutionsbegriff anzunehmen. Vielmehr weist der Begriff eine Vielzahl paralleler und gleichzeitiger Konnotationen auf, die eng mit den konkurrierenden Interpretationen der Ereignisse von 1688/89 verbunden waren. Was aber deutlich wird, ist die positive Abgrenzung gegenüber Rebellion. Während „Rebellion“ stets einen illegitimen Akt des Widerstands meinte und zumeist auf die Ereignisse der Bürgerkrieg und des Regizids der Jahrhundertmitte verwies, war „Revolution“ ein positiv konnotierter Begriff, der fast immer einen legitimen Umbruch meinte, ganz gleich ob dieser als legitimer Widerstand oder als Eingriff Gottes in den Lauf der Geschichte interpretiert wurde. Für die Funktionsbestimmung des Revolutionsbegriffs in den englischen Debatten nach 1688 bedeutet dies: Der Begriff „Revolution“ diente vor allem dazu, die Ereignisse, die zur Flucht Jakobs II. und zur Krönung Wilhelms III. und Marias II. führten, in positiver Weise von den Geschehnissen zwischen 1642 und 1660 abzugrenzen. Der Revolutionsbegriff war also ganz eindeutig ein positiver Gegenbegriff zur „Rebellion“ gegen Karl I. Genau darin lag seine Attraktivität für Whigs und Tories gleichermaßen. http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png Historische Zeitschrift de Gruyter

„Revolution“. Zur Karriere eines Begriffs in Großbritannien, 1688–1714

Historische Zeitschrift , Volume 304 (3): 24 – Jun 6, 2017

Loading next page...
 
/lp/de-gruyter/revolution-zur-karriere-eines-begriffs-in-gro-britannien-1688-1714-zIo9WhhnAf

References

References for this paper are not available at this time. We will be adding them shortly, thank you for your patience.

Publisher
de Gruyter
Copyright
© by Walter de Gruyter Berlin/Boston
ISSN
2196-680X
eISSN
2196-680X
DOI
10.1515/hzhz-2017-0015
Publisher site
See Article on Publisher Site

Abstract

ZusammenfassungIm England der Jahre nach der Glorious Revolution war der Revolutionsbegriff nicht nur enorm präsent. Die Behauptung, der Begriff sei dort marginal gewesen und sei erst durch die Rezeption französischer Texte in die Diskussion eingebracht worden, dürfte kaum haltbar sein. Ganz offenkundig war der Begriff unmittelbar nach 1688 ein wesentlicher Bestandteil der innerenglischen politischen Debatten. Genauso wenig haltbar sind aber auch Versuche, den Revolutionsbegriff nach 1688 auf eine bestimmte Bedeutung festzulegen. Vielmehr zeichnet sich die Semantik des Begriffs in den Jahren nach der Revolution durch ein hohes Maß an Uneindeutigkeit und Heterogenität aus, durch ein Nebeneinander verschiedener Semantiken, ja durch einen regelrechten Kampf um die Füllung eines von unterschiedlichen Parteien anerkannten und in positiver Weise genutzten Begriffs. Weder gingen damit zyklische oder restaurative Konnotationen einfach verloren, noch lässt sich „Revolution“ im England des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts eindeutig auf die Konnotation von Widerstand oder Umsturz von unten festlegen. Dementsprechend wäre es zu einfach, eine geradlinige Entwicklung zum modernen Revolutionsbegriff anzunehmen. Vielmehr weist der Begriff eine Vielzahl paralleler und gleichzeitiger Konnotationen auf, die eng mit den konkurrierenden Interpretationen der Ereignisse von 1688/89 verbunden waren. Was aber deutlich wird, ist die positive Abgrenzung gegenüber Rebellion. Während „Rebellion“ stets einen illegitimen Akt des Widerstands meinte und zumeist auf die Ereignisse der Bürgerkrieg und des Regizids der Jahrhundertmitte verwies, war „Revolution“ ein positiv konnotierter Begriff, der fast immer einen legitimen Umbruch meinte, ganz gleich ob dieser als legitimer Widerstand oder als Eingriff Gottes in den Lauf der Geschichte interpretiert wurde. Für die Funktionsbestimmung des Revolutionsbegriffs in den englischen Debatten nach 1688 bedeutet dies: Der Begriff „Revolution“ diente vor allem dazu, die Ereignisse, die zur Flucht Jakobs II. und zur Krönung Wilhelms III. und Marias II. führten, in positiver Weise von den Geschehnissen zwischen 1642 und 1660 abzugrenzen. Der Revolutionsbegriff war also ganz eindeutig ein positiver Gegenbegriff zur „Rebellion“ gegen Karl I. Genau darin lag seine Attraktivität für Whigs und Tories gleichermaßen.

Journal

Historische Zeitschriftde Gruyter

Published: Jun 6, 2017

There are no references for this article.