Access the full text.
Sign up today, get DeepDyve free for 14 days.
References for this paper are not available at this time. We will be adding them shortly, thank you for your patience.
Zusammenfassung Im Jahre 2005 kam es in Frankreich zu einem ‚Historikerstreit‘. Dieser Artikel kontextualisiert jene Ereignisse in diskursgeschichtlicher Hinsicht und unterzieht die zentralen Elemente einer geschichtstheoretischen Prüfung: 1. Es geht um den Gegensatz von wissenschaftlicher ‚histoire‘ und gedächtnispolitischer ‚mémoire‘ und um das Überhandnehmen von Diskursen, die von ‚groupes mémoriels‘ vorangetrieben werden. 2. Skizziert werden die wichtigsten Merkmale jenes gedächtnispolitischen Diskurses, der trotz seiner Diversität gemeinsame semantische Knotenpunkte aufweist, und auf ‚Wiedergutmachung‘ und ‚historische Gerechtigkeit‘ zielt. Dessen Semantik besteht ausnahmslos aus Kampfbegriffen, welche analytisch nicht tragfähig sind, also logisch keine Kategorien sein können. 3. Erörtert werden – anhand der Untersuchung von Michael Schefzcyk – die spezifischen rechtsphilosophischen und geschichtstheoretischen Probleme, die sich bei der Konstruktion des Themas ‚historische Gerechtigkeit‘ stellen. Danach wird dargestellt, welche Diskurskonstellation es 2005 in Frankreich ermöglichte, ein Memorialgesetz auszunutzen, um in gedächtnispolitischer Absicht geschichtswissenschaftliche Ergebnisse unter gerichtliche Anklage zu stellen. Abschließend behandelt der Artikel drei Problemkreise: 1) Wie werden Leugnungen als solche offenherzig legitimiert mit dem Verweis auf Zwänge der ‚historischen Gerechtigkeit‘? 2) Warum ist es logisch und sachlogisch unmöglich, die Vorstellung einer ‚historischen Gerechtigkeit‘ zu einem fachwissenschaftlichen Konzept zu machen? 3) Wieso ergeben sich aus dieser Vorstellung geschichtsphilosophische Implikationen, die – gedächtnispolitisch induziert und rechtlich forciert – eine Historie als Wissenschaft nicht mehr zulassen? Die Wissenschaft muss sich dem Thema dieses spezifischen Leugnens stellen, andernfalls wird sie allmählich gedächtnispolitische Konzepte übernehmen, ohne sich der theoretischen Reichweite dieser Übernahmen bewusst zu sein. Die Antworten auf diese Herausforderung muss die Historie formulieren aus der Tiefe ihres wissenschaftlichen Selbstverständnisses. Zu dieser fälligen Selbstreflexion will der Artikel einen Anstoß geben.
Historische Zeitschrift – de Gruyter
Published: Apr 23, 2016
Read and print from thousands of top scholarly journals.
Already have an account? Log in
Bookmark this article. You can see your Bookmarks on your DeepDyve Library.
To save an article, log in first, or sign up for a DeepDyve account if you don’t already have one.
Copy and paste the desired citation format or use the link below to download a file formatted for EndNote
Access the full text.
Sign up today, get DeepDyve free for 14 days.
All DeepDyve websites use cookies to improve your online experience. They were placed on your computer when you launched this website. You can change your cookie settings through your browser.