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Grenzpfähle der Tabuzone

Grenzpfähle der Tabuzone Grenzpfähle der Tabuzone Vom schwierigen Umgang mit Krieg, Gewalt und toten Körpern im Museum von Thomas Thiemeyer Zum Krieg gehört der tod: Für den Historiker michael geyer sind ,,die willent liche, kalkulierte, menschliche planung des massentodes, sein öffentlicher ge brauch im gefecht und die erfahrung der Überlebenden mit dem massentod" grundlage des kriegerischen Handelns. Diese praxis zu rekonstruieren sei Aufga be der Kriegsgeschichte. nicht das gefecht allein, sondern das töten im gefecht gehöre ins Zentrum der Analyse, denn ,,Kriegsgeschichte ist geschichte organi sierter tötungsgewalt."1 mit Blick auf carl von clausewitz' Beschreibung der AtmosphäredesKriegeszwischengefahr,körperlicherAnstrengung,ungewissheit und Zufall2 formulierte geyer: ,,Kein Zweifel, Krieg als physische gewalt spielt sichinFormwiderstrebendergemütsbewegungenindenKöpfenundleibernder soldatenab.DieArbeitamtodeist,alsArbeitamleib,eineArbeitinmetaphern. sie kommt zu keinem ende, da das Zerbrechen der Körper sich der Darstellung entzieht."3 ZweifelloshatgeyermitderBehauptungrecht,dassdieerfahrungdestodes,der prozessdestötensunddasgefühldertodesangstsichimmerwiederderrekonst ruktionundrepräsentationentziehen.JedeFormderÜberlieferungvonKriegsund gewalterfahrungeninFilm,literaturoderAusstellungistästhetischernatur.Krie geundgewalttaten,perse,,VerirrungenoderBrücheimkulturellenKontinuum",4 müssenindieKulturintegriertwerden,umalserzählungtradierbarzusein.Dabei ändernsieihrenstatusvonpersönlichen,unmittelbarenerlebnissenzuinterpretier ten,vermitteltenerfahrungen.5 1 Michael Geyer, eine Kriegsgeschichte, die vomtod spricht, in:thomas lindenberger/ lf A lüdtke(Hg.),physischegewalt.studienzurgeschichtederneuzeit,Frankfurta.m.1995,136­ 161,143und136. 2 Carl von Clausewitz,VomKriege.HinterlassenesWerk,ungekürztertext,münchen2003,67. 3 Geyer,eineKriegsgeschichte,dievomtodspricht,157. 4 James Young,BeschreibendesHolocaust.DarstellungundFolgenderinterpretation,Frank furt1992,33f. 5 erfahrungen sind ,,gelungeneAuslegungen oder interpretationen von aktiven und passiven erlebnissen."DerBeteiligtekannseineindividuellenerlebnissenurinFormvongesellschaftli chenDeutungsmusternfürsichverarbeiten,alsosinnvollinseinWeltbildeinfügen,undverändert sieso.Vgl.Klaus Latzel,VomKriegserlebniszurKriegserfahrung.theoretischeundmethodische geyersAufsatzmarkierteinewichtigeAkzentverschiebunginnerhalbeinerkultur geschichtlichgewendetenKriegsgeschichte,dieseitrundzweieinhalbDekadendie sichtaufdenKriegumneuethemenwiegeschlechter,symbolodererfahrungs geschichte erweitert und den menschen und die gewalt zu leitkategorien für das VerständnisvonKriegundmilitärerhobenhat.6indenWeltkriegsausstellungender gegenwarthatsichdiekulturgeschichtlicheperspektiveetabliert.mitdemreizdes neuenversehen,gingvonihrdergrößteinnovationsschubdermusealenKriegsdar stellungderletzten20Jahreaus.7DieAufmerksamkeitdieserschauengiltverstärkt dengewaltundleidenserfahrungendeseinzelnen,insbesonderedenendes,,ein fachenmannes"(,,militärgeschichtevonunten").VorreiterdiesertendenzzurVer menschlichungdermusealenKriegsdarstellungwarendiegedenkstättenundHolo caustmuseen,diewedereinenmilitariaunduniformenfundusbesaßen,nochanden KriegalsmilitärischeAktionerinnernwollten.8ihrBlickgaltvorallemdenopfern undihrerBiografie,nähertsichseitdenneunzigerJahrenaberauchdentäternan. DieFeststellung,dassneuereAusstellungenzudenbeidenWeltkriegendenmen schenunddieKriegsgewaltstärkerberücksichtigenundthematisierenalsinfrühe renJahren,bedeutetnicht,dasssiedenmenschenimKriegbesondersnahekom men.Dafürsorgt­nebendensammlungsbeständenundderchronistenpflicht­die institutionelle Form des http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png Historische Anthropologie de Gruyter

Grenzpfähle der Tabuzone

Historische Anthropologie , Volume 18 (2) – Jul 1, 2010

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Publisher
de Gruyter
Copyright
Copyright © 2010 by the
ISSN
0942-8704
eISSN
2194-4032
DOI
10.7788/ha.2010.18.2.220
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Abstract

Grenzpfähle der Tabuzone Vom schwierigen Umgang mit Krieg, Gewalt und toten Körpern im Museum von Thomas Thiemeyer Zum Krieg gehört der tod: Für den Historiker michael geyer sind ,,die willent liche, kalkulierte, menschliche planung des massentodes, sein öffentlicher ge brauch im gefecht und die erfahrung der Überlebenden mit dem massentod" grundlage des kriegerischen Handelns. Diese praxis zu rekonstruieren sei Aufga be der Kriegsgeschichte. nicht das gefecht allein, sondern das töten im gefecht gehöre ins Zentrum der Analyse, denn ,,Kriegsgeschichte ist geschichte organi sierter tötungsgewalt."1 mit Blick auf carl von clausewitz' Beschreibung der AtmosphäredesKriegeszwischengefahr,körperlicherAnstrengung,ungewissheit und Zufall2 formulierte geyer: ,,Kein Zweifel, Krieg als physische gewalt spielt sichinFormwiderstrebendergemütsbewegungenindenKöpfenundleibernder soldatenab.DieArbeitamtodeist,alsArbeitamleib,eineArbeitinmetaphern. sie kommt zu keinem ende, da das Zerbrechen der Körper sich der Darstellung entzieht."3 ZweifelloshatgeyermitderBehauptungrecht,dassdieerfahrungdestodes,der prozessdestötensunddasgefühldertodesangstsichimmerwiederderrekonst ruktionundrepräsentationentziehen.JedeFormderÜberlieferungvonKriegsund gewalterfahrungeninFilm,literaturoderAusstellungistästhetischernatur.Krie geundgewalttaten,perse,,VerirrungenoderBrücheimkulturellenKontinuum",4 müssenindieKulturintegriertwerden,umalserzählungtradierbarzusein.Dabei ändernsieihrenstatusvonpersönlichen,unmittelbarenerlebnissenzuinterpretier ten,vermitteltenerfahrungen.5 1 Michael Geyer, eine Kriegsgeschichte, die vomtod spricht, in:thomas lindenberger/ lf A lüdtke(Hg.),physischegewalt.studienzurgeschichtederneuzeit,Frankfurta.m.1995,136­ 161,143und136. 2 Carl von Clausewitz,VomKriege.HinterlassenesWerk,ungekürztertext,münchen2003,67. 3 Geyer,eineKriegsgeschichte,dievomtodspricht,157. 4 James Young,BeschreibendesHolocaust.DarstellungundFolgenderinterpretation,Frank furt1992,33f. 5 erfahrungen sind ,,gelungeneAuslegungen oder interpretationen von aktiven und passiven erlebnissen."DerBeteiligtekannseineindividuellenerlebnissenurinFormvongesellschaftli chenDeutungsmusternfürsichverarbeiten,alsosinnvollinseinWeltbildeinfügen,undverändert sieso.Vgl.Klaus Latzel,VomKriegserlebniszurKriegserfahrung.theoretischeundmethodische geyersAufsatzmarkierteinewichtigeAkzentverschiebunginnerhalbeinerkultur geschichtlichgewendetenKriegsgeschichte,dieseitrundzweieinhalbDekadendie sichtaufdenKriegumneuethemenwiegeschlechter,symbolodererfahrungs geschichte erweitert und den menschen und die gewalt zu leitkategorien für das VerständnisvonKriegundmilitärerhobenhat.6indenWeltkriegsausstellungender gegenwarthatsichdiekulturgeschichtlicheperspektiveetabliert.mitdemreizdes neuenversehen,gingvonihrdergrößteinnovationsschubdermusealenKriegsdar stellungderletzten20Jahreaus.7DieAufmerksamkeitdieserschauengiltverstärkt dengewaltundleidenserfahrungendeseinzelnen,insbesonderedenendes,,ein fachenmannes"(,,militärgeschichtevonunten").VorreiterdiesertendenzzurVer menschlichungdermusealenKriegsdarstellungwarendiegedenkstättenundHolo caustmuseen,diewedereinenmilitariaunduniformenfundusbesaßen,nochanden KriegalsmilitärischeAktionerinnernwollten.8ihrBlickgaltvorallemdenopfern undihrerBiografie,nähertsichseitdenneunzigerJahrenaberauchdentäternan. DieFeststellung,dassneuereAusstellungenzudenbeidenWeltkriegendenmen schenunddieKriegsgewaltstärkerberücksichtigenundthematisierenalsinfrühe renJahren,bedeutetnicht,dasssiedenmenschenimKriegbesondersnahekom men.Dafürsorgt­nebendensammlungsbeständenundderchronistenpflicht­die institutionelle Form des

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Historische Anthropologiede Gruyter

Published: Jul 1, 2010

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