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Editorial

Editorial Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie Jg. 47 (2003) Heft 2, S. 65 Nach einer Boomphase des Entwicklungsparadigmas in Wissenschaft und Politik in den ersten Nachkriegsjahrzehnten haben Entwicklungstheorie und Entwicklungshilfe heute nur noch geringe Priorität. Mit der Auflösung der Zweiten Welt nach dem Niedergang des Realen Sozialismus verkündete Menzel bereits 1992 auch das Ende der Dritten Welt und das Scheitern der großen Theorie. Ideen- und Erkenntnispluralismus kennzeichnen die Situation in der Ersten Welt trotz der Propagierung des Neoliberalismus durch die verbliebene Weltmacht. Im Mittelpunkt steht die Globalisierungsdebatte. Vorwiegend werden die negativen Folgen unter den Stichworten Entankerung, Fragmentierung, Verwundbarkeit und Marginalisierung betont. Demgegenüber werden auch größere Chancen für die Inwertsetzung von Ressourcen und die Schaffung von systemischer Wettbewerbsfähigkeit gesehen. Private Direktinvestitionen erhalten größere Bedeutung als Entwicklungsimpuls bei sparsamer fließenden öffentlichen Geldern. Aber nicht nur die Unternehmen sondern auch die Nationalstaaten und die Zivilgesellschaft sind aufgefordert, die Globalisierung zu gestalten. Hierzu müssen Blockaden abgebaut, Potenziale identifiziert und Innovationen gefördert werden. Strategien zur Qualifizierung, zur technologischen Aufwertung und zur Förderung von Betriebsgründungen sind angesagt. Jüngere Bestandsaufnahmen zur Entwicklungsforschung aus geographischer Sicht von Scholz/Kopp im Rundbrief Geographie (1998), Coy im Tagungsband des Hamburger Geographentages (2000) sowie Krüger et al. in Petermanns Geographische Mitteilungen (2003) förderten wenig wirklich neue Theorieansätze und Strategien zu Tage. Akzente setzten Themenschwerpunkthefte der Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie über ,,Politische Ökologie" (1999) sowie der Geographica Helvetica über ,,Institutionelle Regelungen" (2001) und ,,Vulnerability" (2002). Technologische Innovationen für eine nachholende Entwicklung fanden hierbei kaum Beachtung. Die in diesem Heft gebündelten Beiträge sollen aufzeigen, dass es sich weiterhin lohnt, Proble- me von Ländern und Regionen in der Peripherie zu thematisieren und aus erfolgreichen wie gescheiterten Ansätzen zu lernen, um Kristallisationspunkte für neue Entwicklungspfade aufzuzeigen. Der Blickwinkel ist fokussiert auf die moderne IT-Branche und hier insbesondere auf wissensbasierte Produktions- und Dienstleistungsbereiche mit weniger hohen Markteintrittsbarrieren für neue Firmen. Tilman Altenburg geht im einleitenden Überblicksbeitrag von Grundtatbeständen der neuen Innovations- und Wettbewerbstheorie aus und identifiziert Optionen für Nachzügler, sich erfolgreich in den Prozess einer technologischen Entwicklung zu integrieren. Martina Fromhold-Eisebith und Günter Eisebith weisen nach, dass aus der weltweiten IT-Krise das Schwellenland Indien sogar positive Effekte für ein weiteres Wachstum der High-Tech Inseln genutzt hat. Andreas Stamm betont das Zusammenwachsen von Hochschulen, Privatunternehmen und staatlichen Institutionen im Modell der Triple-Helix-Konfiguration und weist auf die Entstehung neuer Technologiezentren in Lateinamerika hin. Unter evolutorischem Blickwinkel stellt Dominik Papenheim das seit den neunziger Jahren in Moskau entstandene Offshore Software-Cluster vor, das aus dem Transformationsprozess erwachsen ist. Helmut Nuhn betrachtet den noch unter sozialistischen Prioritätensetzungen in Havanna gewachsenen Biotechnologie- und Pharmapol, der wegen des US-Embargos seine Wettbewerbsfähigkeit noch nicht beweisen konnte. Die Beiträge belegen, dass auch in wenig beachteten peripheren Weltregionen differenzierte Anpassungs- und Modernisierungsprozesse stattfinden, die es zu stärken gilt. Die neue Qualität der Entwicklungsansätze wird deutlich, wenn das 1995 ebenfalls in dieser Zeitschrift erschienene Themenheft ,,Weltmarktöffnung und Deregulierung in Lateinamerika" zum Vergleich herangezogen wird. Damals beschränkten sich die Innovationen noch weitgehend auf neuartige, aber wissensextensive landwirtschaftliche Exportprodukte und Re-Exporte der Lohnveredlungsindustrie. Die jetzigen Untersuchungen belegen, dass upgrading möglich ist. Helmut Nuhn, Marburg http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie de Gruyter

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Publisher
de Gruyter
Copyright
Copyright © 2003 by the
ISSN
2365-7693
eISSN
2365-7693
DOI
10.1515/zfw.2003.0005
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Abstract

Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie Jg. 47 (2003) Heft 2, S. 65 Nach einer Boomphase des Entwicklungsparadigmas in Wissenschaft und Politik in den ersten Nachkriegsjahrzehnten haben Entwicklungstheorie und Entwicklungshilfe heute nur noch geringe Priorität. Mit der Auflösung der Zweiten Welt nach dem Niedergang des Realen Sozialismus verkündete Menzel bereits 1992 auch das Ende der Dritten Welt und das Scheitern der großen Theorie. Ideen- und Erkenntnispluralismus kennzeichnen die Situation in der Ersten Welt trotz der Propagierung des Neoliberalismus durch die verbliebene Weltmacht. Im Mittelpunkt steht die Globalisierungsdebatte. Vorwiegend werden die negativen Folgen unter den Stichworten Entankerung, Fragmentierung, Verwundbarkeit und Marginalisierung betont. Demgegenüber werden auch größere Chancen für die Inwertsetzung von Ressourcen und die Schaffung von systemischer Wettbewerbsfähigkeit gesehen. Private Direktinvestitionen erhalten größere Bedeutung als Entwicklungsimpuls bei sparsamer fließenden öffentlichen Geldern. Aber nicht nur die Unternehmen sondern auch die Nationalstaaten und die Zivilgesellschaft sind aufgefordert, die Globalisierung zu gestalten. Hierzu müssen Blockaden abgebaut, Potenziale identifiziert und Innovationen gefördert werden. Strategien zur Qualifizierung, zur technologischen Aufwertung und zur Förderung von Betriebsgründungen sind angesagt. Jüngere Bestandsaufnahmen zur Entwicklungsforschung aus geographischer Sicht von Scholz/Kopp im Rundbrief Geographie (1998), Coy im Tagungsband des Hamburger Geographentages (2000) sowie Krüger et al. in Petermanns Geographische Mitteilungen (2003) förderten wenig wirklich neue Theorieansätze und Strategien zu Tage. Akzente setzten Themenschwerpunkthefte der Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie über ,,Politische Ökologie" (1999) sowie der Geographica Helvetica über ,,Institutionelle Regelungen" (2001) und ,,Vulnerability" (2002). Technologische Innovationen für eine nachholende Entwicklung fanden hierbei kaum Beachtung. Die in diesem Heft gebündelten Beiträge sollen aufzeigen, dass es sich weiterhin lohnt, Proble- me von Ländern und Regionen in der Peripherie zu thematisieren und aus erfolgreichen wie gescheiterten Ansätzen zu lernen, um Kristallisationspunkte für neue Entwicklungspfade aufzuzeigen. Der Blickwinkel ist fokussiert auf die moderne IT-Branche und hier insbesondere auf wissensbasierte Produktions- und Dienstleistungsbereiche mit weniger hohen Markteintrittsbarrieren für neue Firmen. Tilman Altenburg geht im einleitenden Überblicksbeitrag von Grundtatbeständen der neuen Innovations- und Wettbewerbstheorie aus und identifiziert Optionen für Nachzügler, sich erfolgreich in den Prozess einer technologischen Entwicklung zu integrieren. Martina Fromhold-Eisebith und Günter Eisebith weisen nach, dass aus der weltweiten IT-Krise das Schwellenland Indien sogar positive Effekte für ein weiteres Wachstum der High-Tech Inseln genutzt hat. Andreas Stamm betont das Zusammenwachsen von Hochschulen, Privatunternehmen und staatlichen Institutionen im Modell der Triple-Helix-Konfiguration und weist auf die Entstehung neuer Technologiezentren in Lateinamerika hin. Unter evolutorischem Blickwinkel stellt Dominik Papenheim das seit den neunziger Jahren in Moskau entstandene Offshore Software-Cluster vor, das aus dem Transformationsprozess erwachsen ist. Helmut Nuhn betrachtet den noch unter sozialistischen Prioritätensetzungen in Havanna gewachsenen Biotechnologie- und Pharmapol, der wegen des US-Embargos seine Wettbewerbsfähigkeit noch nicht beweisen konnte. Die Beiträge belegen, dass auch in wenig beachteten peripheren Weltregionen differenzierte Anpassungs- und Modernisierungsprozesse stattfinden, die es zu stärken gilt. Die neue Qualität der Entwicklungsansätze wird deutlich, wenn das 1995 ebenfalls in dieser Zeitschrift erschienene Themenheft ,,Weltmarktöffnung und Deregulierung in Lateinamerika" zum Vergleich herangezogen wird. Damals beschränkten sich die Innovationen noch weitgehend auf neuartige, aber wissensextensive landwirtschaftliche Exportprodukte und Re-Exporte der Lohnveredlungsindustrie. Die jetzigen Untersuchungen belegen, dass upgrading möglich ist. Helmut Nuhn, Marburg

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Zeitschrift für Wirtschaftsgeographiede Gruyter

Published: Oct 1, 2003

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