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Editorial. Chilling!

Editorial. Chilling! Editorial Chilling! Der EGMR nimmt in dem Fall Rodriguez Ravelo ./. Spanien v. 12.01.2016 (3. Sektion, 48074/10 [die Entscheidung liegt nur im französischen Text vor, das Minderheitsvotum ist in englischer Sprache abgefasst]) ein Thema wieder auf, um das es bei uns seit den Neunziger Jahren eher ruhig geworden ist ­ die Freiheit des anwaltlichen Wortes. Die zu Art. 10 EMRK ergangene Entscheidung will diese Freiheit gegen gerichtliche Einschüchterung und Entmutigung schützen. In manchen Ohren werden ihre Gründe wie das Zerbrechen einer Violine im Konzertsaal klingen. Zur Erinnerung und zum Vergleich: Das BVerfG hat (1999) einem Verteidiger, der dem Staatsanwalt vorgeworfen hatte, den kontroversen Durchsuchungsbeschluss mit »vorgetäuschten« Tatsachen erwirkt zu haben, vor der Verurteilung wegen Übler Nachrede bewahrt. Ein Rechtsanwalt, der dies »leichtfertig« behaupte, bringe damit noch nicht das Maß an Sorglosigkeit im Umgang mit der Wahrheit zum Ausdruck, das allein die prinzipielle Versagung des grundrechtlichen Schutzes (Art. 5 Abs. 1 GG) rechtfertigen könnte. Bei anderer Gelegenheit (1997) stand das BVerfG der nachvollziehbar widerspenstigen Verteidigerin bei, die im »Kampf ums Recht« dem Vorsitzenden eines Strafsenats zugerufen hatte, er mache sich lächerlich und störe. Seither verläuft die Grenze erst dort, wo bewusst unwahre Tatsachen behauptet oder Ehrverletzungen formuliert werden, die http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png Strafverteidiger de Gruyter

Editorial. Chilling!

Strafverteidiger , Volume 36 (6) – May 1, 2016

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Publisher
de Gruyter
Copyright
Copyright © 2016 by the
ISSN
0720-1605
eISSN
2366-2166
DOI
10.1515/stv-2016-0601
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Abstract

Editorial Chilling! Der EGMR nimmt in dem Fall Rodriguez Ravelo ./. Spanien v. 12.01.2016 (3. Sektion, 48074/10 [die Entscheidung liegt nur im französischen Text vor, das Minderheitsvotum ist in englischer Sprache abgefasst]) ein Thema wieder auf, um das es bei uns seit den Neunziger Jahren eher ruhig geworden ist ­ die Freiheit des anwaltlichen Wortes. Die zu Art. 10 EMRK ergangene Entscheidung will diese Freiheit gegen gerichtliche Einschüchterung und Entmutigung schützen. In manchen Ohren werden ihre Gründe wie das Zerbrechen einer Violine im Konzertsaal klingen. Zur Erinnerung und zum Vergleich: Das BVerfG hat (1999) einem Verteidiger, der dem Staatsanwalt vorgeworfen hatte, den kontroversen Durchsuchungsbeschluss mit »vorgetäuschten« Tatsachen erwirkt zu haben, vor der Verurteilung wegen Übler Nachrede bewahrt. Ein Rechtsanwalt, der dies »leichtfertig« behaupte, bringe damit noch nicht das Maß an Sorglosigkeit im Umgang mit der Wahrheit zum Ausdruck, das allein die prinzipielle Versagung des grundrechtlichen Schutzes (Art. 5 Abs. 1 GG) rechtfertigen könnte. Bei anderer Gelegenheit (1997) stand das BVerfG der nachvollziehbar widerspenstigen Verteidigerin bei, die im »Kampf ums Recht« dem Vorsitzenden eines Strafsenats zugerufen hatte, er mache sich lächerlich und störe. Seither verläuft die Grenze erst dort, wo bewusst unwahre Tatsachen behauptet oder Ehrverletzungen formuliert werden, die

Journal

Strafverteidigerde Gruyter

Published: May 1, 2016

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