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Dreier, Horst, Kirche ohne König. Das Ende des landesherrlichen Kirchenregiments („Bündnis von Thron und Altar“) 1918/19 unter besonderer Berücksichtigung Preußens und Württembergs

Dreier, Horst, Kirche ohne König. Das Ende des landesherrlichen Kirchenregiments („Bündnis von... Der Verfassungsausschuss der Weimarer Nationalversammlung sah sich bei der Schaffung der staatskirchenrechtlichen Bestimmungen vor besonderen Herausforderungen. Nicht nur, dass die Koalitionsparteien gegensätzliche Ziele verfolgten. Auch die Materie selbst machte es den Abgeordneten nicht einfach. Die Kirchen als Institutionen sahen sich seit dem 19. Jh. vor gewandelten Rahmenbedingungen. Institutionell hatten sie sich nach der Säkularisation wieder gefestigt. Ihre auch in Zukunft privilegierte Rechtsstellung ergab sich namentlich aus dem Recht auf Mitwirkung am Schulunterricht und der auch weltlichen Bedeutung ihrer Sakramente, die ihnen nicht nur Freiheit von, sondern auch Mitwirkung an der öffentlichen Gewalt garantierten. Doch der Kulturkampf hatte gezeigt, dass die neuen rechtlichen Garantien im konstitutionellen Staat politisch umgangen werden konnten. Zudem kam neue Konkurrenz auf: Die allmähliche Gleichstellung der jüdischen Gemeinden, Abspaltungen neuer Gruppierungen wie Altkatholische beriefen sich auf dieselben Rechtsgarantien wie die etablierten Großkirchen. Das tradierte Duopol war nicht mehr unangefochten. Noch gravierender war allerdings die andere Herausforderung: Die neuen Grundrechte sahen als Träger der Religionsfreiheit nicht mehr primär die Kirchen und die Gläubigen allenfalls sekundär als deren Mitglieder, sondern die Menschen selbst. Religionsfreiheit als neues Individualgrundrecht stellte die Entscheidungsfreiheit der Einzelnen her, die sich nun für oder gegen eine Kirchenmitgliedschaft entscheiden konnten bzw. selbst die für sie angemessene http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte Germanistische Abteilung de Gruyter

Dreier, Horst, Kirche ohne König. Das Ende des landesherrlichen Kirchenregiments („Bündnis von Thron und Altar“) 1918/19 unter besonderer Berücksichtigung Preußens und Württembergs

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Publisher
de Gruyter
Copyright
© 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
ISSN
0323-4045
eISSN
2304-4861
DOI
10.1515/zrgg-2022-0026
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Abstract

Der Verfassungsausschuss der Weimarer Nationalversammlung sah sich bei der Schaffung der staatskirchenrechtlichen Bestimmungen vor besonderen Herausforderungen. Nicht nur, dass die Koalitionsparteien gegensätzliche Ziele verfolgten. Auch die Materie selbst machte es den Abgeordneten nicht einfach. Die Kirchen als Institutionen sahen sich seit dem 19. Jh. vor gewandelten Rahmenbedingungen. Institutionell hatten sie sich nach der Säkularisation wieder gefestigt. Ihre auch in Zukunft privilegierte Rechtsstellung ergab sich namentlich aus dem Recht auf Mitwirkung am Schulunterricht und der auch weltlichen Bedeutung ihrer Sakramente, die ihnen nicht nur Freiheit von, sondern auch Mitwirkung an der öffentlichen Gewalt garantierten. Doch der Kulturkampf hatte gezeigt, dass die neuen rechtlichen Garantien im konstitutionellen Staat politisch umgangen werden konnten. Zudem kam neue Konkurrenz auf: Die allmähliche Gleichstellung der jüdischen Gemeinden, Abspaltungen neuer Gruppierungen wie Altkatholische beriefen sich auf dieselben Rechtsgarantien wie die etablierten Großkirchen. Das tradierte Duopol war nicht mehr unangefochten. Noch gravierender war allerdings die andere Herausforderung: Die neuen Grundrechte sahen als Träger der Religionsfreiheit nicht mehr primär die Kirchen und die Gläubigen allenfalls sekundär als deren Mitglieder, sondern die Menschen selbst. Religionsfreiheit als neues Individualgrundrecht stellte die Entscheidungsfreiheit der Einzelnen her, die sich nun für oder gegen eine Kirchenmitgliedschaft entscheiden konnten bzw. selbst die für sie angemessene

Journal

Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte Germanistische Abteilungde Gruyter

Published: Jul 1, 2022

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