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ZusammenfassungSpätestens seit der jüngsten Finanz- und Nahrungsmittelkrise der Jahre 2007 und 2008 sind das Thema „Ernährung“ und insbesondere das Recht auf selbstbestimmte Nahrungsmittelproduktion zentrale Gegenstände gegenwärtiger Kämpfe um soziale Gerechtigkeit. Deutliche Anzeichen dieses Phänomens sind die sowohl im globalen Süden als auch im Norden zu beobachtende Entstehung und zunehmende Vernetzung diverser Food Movements, die Forderungen nach Ernährungsgerechtigkeit, Food Democracy oder Ernährungssouveränität stellen und sich damit explizit gegen die neoliberale Ordnung und eine unternehmerische Nahrungsmittelproduktion wenden. Ein besonderes Merkmal dieser Bewegungen ist, dass sie sich in der Praxis nicht nur durch die „klassischen“ Formen des politischen Protestes auszeichnen, etwa durch Demonstrationen oder öffentlichen Kampagnen, sondern auch durch eigeninitiierte und selbstbestimmte Formen des Wirtschaftens, z. B. durch Initiativen ökologischer und solidarischer Landwirtschaft sowie durch regionale Tausch- und Allmendesysteme. Unter Berücksichtigung der einschlägigen Literatur lassen sich diese Parallelökonomien auch als „alternative Ernährungsgeographien“ bezeichnen, da sie sich in unterschiedlichem Maße gegen die kapitalistische Verwertungslogik richten und auf eine wertebasierte „Wiederverräumlichung“ der Nahrungsmittelproduktion sowie ihrer Verteilung abzielen. Trotz der insgesamt hohen internationalen Aufmerksamkeit zu diesem Thema existieren jedoch nur wenige Arbeiten, die sich explizit mit der normativen Grundlage der Food Movements auseinandersetzen, d. h. mit den in der Politischen Theorie kontrovers diskutierten Ideen der Souveränität, der Gerechtigkeit und der Demokratie. Dieser Artikel zielt darauf ab, eine theoriebasierte Diskussion hinsichtlich dieser Forschungslücke anzuregen und mögliche Widersprüche aufzuzeigen, die diese vielschichtigen Ideale im Kontext dieses Themenfeldes offenbaren. Zugleich hat der Beitrag den Anspruch, eine erweiterte Grundlage für empirisches Arbeiten zu den Food Movements bzw. zu den alternativen Ernährungsgeographien zu bieten. Dazu werden Ansätze aus der Agrarsoziologie, der Humangeographie und der Politischen Theorie diskutiert und v. a. der Gerechtigkeitstheorie Nancy Frasers größere Beachtung geschenkt. Dieser aus der Kritischen Theorie stammende Ansatz eröffnet eine differenzierte Perspektive auf den inhaltlichen Facettenreichtum und die potenzielle Widersprüchlichkeit sozialer Gerechtigkeit, die auch Untersuchungen hinsichtlich der Food Movements und ihrer Forderungen in ihrer praktischen Entfaltung erleichtern kann. Darüber hinaus bietet Frasers Theorie wertvolle Anknüpfungspunkte zu humangeographischem Denken, da sie nicht nur die inhaltliche, sondern auch die räumliche Dimension von Gerechtigkeitsfragen im Zeitalter der Globalisierung berücksichtigt.
Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie – de Gruyter
Published: Sep 25, 2018
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