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ZusammenfassungDer Beitrag untersucht die Bedeutung der Balkankriege (1912/13) in den internationalen Beziehungen am Vorabend des Weltkrieges. Die neuere Forschung tendiert dazu, die geopolitischen Konsequenzen hervorzuheben, weniger aber die Veränderungen der diplomatischen Normen. Dieser Artikel zeigt, wie sich der „Europa‟-Begriff im diplomatischen Diskurs veränderte. Diese Entwicklung begann 1908 mit der Annexion Bosniens und Herzegowinas durch die Habsburgermonarchie, die gegen das Prinzip verstieß, dass keine der europäischen Großmächte einseitige Vertragsveränderungen vornehmen durfte. Diese Modifikation der diplomatischen Normen und des „Europa“-Begriffes lässt sich an drei weiteren Beispielen während der Balkankriege nachvollziehen. (1) Obwohl die Großmächte eine Ausbreitung des Krieges verhinderten, büßte das europäische Konzert insgesamt an Vertrauen ein. Insbesondere betrachteten führende österreichisch-ungarische Politiker „Europa“, d. h. das Konzert der Großmächte, als Gegner und wandten sich von den Methoden des europäischen Konzerts ab. (2) Gleichzeitig wurde der „Europa“-Begriff im Zusammenhang mit dem Nationalitätsprinzip im öffentlichen und diplomatischen Diskurs benutzt. Dieser neue diplomatische „Europa‟-Begriff rechtfertigte die Errichtung von Nationalstaaten insbesondere im Balkanraum. (3) Obwohl diese Entwicklung eine Bedrohung für Österreich-Ungarn darstellte, griffen selbst habsburgische Staatsmänner und Diplomaten auf das Nationalitätsprinzip zurück, etwa um die Bildung eines albanischen Staates als Puffer gegen Serbien zu rechtfertigen. Die Tragweite der Veränderung des „Europa“-Begriffs war auch in der Julikrise zu spüren, die nicht nur aus machtpolitischen Gegensätzen entstand, sondern auch ein Ergebnis der veränderten Ordnungsvorstellungen von Europa darstellte.
Historische Zeitschrift – de Gruyter
Published: Jun 1, 2021
Keywords: Erster Weltkrieg; Balkankrise 1912/13; Europabegriff; World War I; Balkan Wars 1912/13; concept of Europe
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