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Der olfaktorische Symbolismus im deutschen Russlandbild des 19. Jahrhunderts

Der olfaktorische Symbolismus im deutschen Russlandbild des 19. Jahrhunderts ZusammenfassungDer Beitrag untersucht die symbolische Bedeutung des Olfaktorischen für nationale Bilder und Stereotype am Beispiel des Geruches von russischem Leder (Juchten oder Juften), der in Deutschland während des 19. Jahrhunderts eine wichtige Rolle für das Russlandbild erlangte. Juchten hatte einen sehr intensiven und eigenartigen Geruch, der eindeutig als russisch identifiziert wurde. Das implizite symbolische Potential des Juchtengeruchs wurde im 19. Jahrhundert voll ausgeschöpft. Die Enttäuschung der liberalen und nationalen Kreise über die politische Entwicklung nach 1815 führte zu einer starken Aversion gegen alles Russische. Der Juchtengeruch wurde zum polysemantischen Symbol mit sehr negativen Konnotationen, die noch verstärkt wurden durch seine Verbindung mit anderen Negativstereotypen wie dem Kosaken, der Knute, den Stiefeln usw. Der Juchtengeruch wurde als der charakteristische Geruch der Unterdrückung und des Despotismus instrumentalisiert, um die politische Situation in Deutschland und besonders in Preußen zu kritisieren. Nach der Reichsgründung von 1871 begann der Juchtengeruch unter den veränderten politischen Verhältnissen seine Komplexität als symbolträchtige Metapher zu verlieren. Die deutsche Öffentlichkeit benötigte die politischen Bezüge des Juchten-Symbols nicht mehr. Um die Jahrhundertwende wurde der Juchtengeruch lediglich als Ausdruck der volkstümlichen Essenz der Russen empfunden. In der Folgezeit löste sich die symbolische Bedeutung weiter auf, so dass Juchten nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch mit einem Parfüm assoziiert wurde. http://www.deepdyve.com/assets/images/DeepDyve-Logo-lg.png Historische Zeitschrift de Gruyter

Der olfaktorische Symbolismus im deutschen Russlandbild des 19. Jahrhunderts

Historische Zeitschrift , Volume 305 (3): 32 – Dec 6, 2017

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Publisher
de Gruyter
Copyright
© by Walter de Gruyter Berlin/Boston
ISSN
2196-680X
eISSN
2196-680X
DOI
10.1515/hzhz-2017-0035
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Abstract

ZusammenfassungDer Beitrag untersucht die symbolische Bedeutung des Olfaktorischen für nationale Bilder und Stereotype am Beispiel des Geruches von russischem Leder (Juchten oder Juften), der in Deutschland während des 19. Jahrhunderts eine wichtige Rolle für das Russlandbild erlangte. Juchten hatte einen sehr intensiven und eigenartigen Geruch, der eindeutig als russisch identifiziert wurde. Das implizite symbolische Potential des Juchtengeruchs wurde im 19. Jahrhundert voll ausgeschöpft. Die Enttäuschung der liberalen und nationalen Kreise über die politische Entwicklung nach 1815 führte zu einer starken Aversion gegen alles Russische. Der Juchtengeruch wurde zum polysemantischen Symbol mit sehr negativen Konnotationen, die noch verstärkt wurden durch seine Verbindung mit anderen Negativstereotypen wie dem Kosaken, der Knute, den Stiefeln usw. Der Juchtengeruch wurde als der charakteristische Geruch der Unterdrückung und des Despotismus instrumentalisiert, um die politische Situation in Deutschland und besonders in Preußen zu kritisieren. Nach der Reichsgründung von 1871 begann der Juchtengeruch unter den veränderten politischen Verhältnissen seine Komplexität als symbolträchtige Metapher zu verlieren. Die deutsche Öffentlichkeit benötigte die politischen Bezüge des Juchten-Symbols nicht mehr. Um die Jahrhundertwende wurde der Juchtengeruch lediglich als Ausdruck der volkstümlichen Essenz der Russen empfunden. In der Folgezeit löste sich die symbolische Bedeutung weiter auf, so dass Juchten nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch mit einem Parfüm assoziiert wurde.

Journal

Historische Zeitschriftde Gruyter

Published: Dec 6, 2017

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